Es herrschte eine eiserne Stille, als sie zum kleinen mit Tüchern verhängten Fenster in die Küche ging, dessen hölzerner Rahmen zum Schutz vor Wind und Kälte notdürftig mit einer milchigen, aber lichtdurchlässigen Schweinsblase überspannt war. Eigentlich brauchte man das im Sommer nicht, zumal in diesem heißen Sommer kein einziger Windzug ging. Die Luft stand schon seit Tagen und fühlte sich klebrig an, zäh wie aufgeweichtes Brot. Aber die Blase bot nun einmal einen guten Schutz vor den unerwünschten Blicken der Nachbarn und anderer Leute, die in letzter Zeit immer häufiger ungebeten, weder rufend noch klopfend, und am helllichten Tag in den Garten eindrangen und in ihr Häuschen hineinzustarren versuchten. Manche wüteten in ihren Gartenbeeten, säten Unkraut und streuten Glas- und Tonscherben hinein, wenn sie nicht zuhause war. Einmal warfen sie sogar den großen Holzstoß hinter dem Haus um und verstreuten die Scheite in der Stadt. Ein anderes Mal hängten sie das Gartentor aus und warfen es in den Speyerbach. Wer das gewesen war, wusste sie nicht.
„Es geht die Rede, du seist in anderen Umständen“, sagte die Meierin, deren Garten hinten an den ihren grenzte. Es klang nicht nach einer Frage, sondern vielmehr nach einer Feststellung, die sie derart verlegen machte, dass sie keine zwei vernünftigen Worte zu entgegnen vermochte und dummes Zeug zusammenschwatzte, das dem unsinnigen und unverständlichen Geschwätz der Weiber in nichts nachstand.
Es stünde wunderlich an, erklärte sie ihnen und gehe ihr schlecht, weil ihr eine böse Versammlung des Blutes nicht jedoch eine Schwangerschaft vorliege.
Woraufhin es hieß, sie solle doch gestehen. Sie wäre ja nicht die erste und würde auch nicht die letzte sein.
Aber was hatte sie zu gestehen? Von was sollte sie schwanger sein? Vom Schnee? Vom fließenden Licht, das sie in ihren Träumen durchdrang? Vom Heiligen Geist? Wie die Jungfrau Maria.
„Heilige Jungfrau, bitte für mich!“
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