Donnerstag, 22. September 2011

I will survive


Beck lehnte an der hinteren Theke im KUZ, einer alten Industriewerkstatt am Rhein, die schon vor Jahren zu einer Diskothek und einem Kulturzentrum umfunktioniert worden war. Vor ihm stand ein Bier, das er nicht mehr trinken wollte. Das Mädchen hinter dem Tresen hatte den Schaum mit einer obszönen Handbewegung vom Glas gewischt und es vor ihn hingestellt. Es war sein viertes oder fünftes. So genau wusste er es nicht mehr. Er hatte gleich bezahlen müssen, und darum war es nicht wichtig, dass man seine Biere zählte. Der Laden war voll, fast überfüllt. Die Musik dröhnte in seinem Kopf. Und Vorübergehenden, sowohl die, die ihn mit lärmender, klammernder Eindringlichkeit anrempelten, als auch die, die sich vor ihn quetschten, um sich ein Getränk zu besorgen, gingen ihm auf die Nerven. Er fühlte sich zu alt für solche Veranstaltungen. Auch wenn sie für über Dreißigjährige ausgerichtet und deshalb »Ü 30-Partys« genannt wurden: neben ein paar Studenten lauter Frühergraute, die nicht alt werden wollten und noch in zwanzig oder dreißig Jahren dort stehen würden, gebeugt und nervös zitternd, mit ausgeschalteten Hörgeräten, wegen des lästigen Pfeiftons bei der Rückkopplung, um sich dann, wenn endlich die ersten Takte von Gloria Gaynors »I will survive« zu vernehmen waren, mit dem Krückstock in der Hand oder dem Rollstuhl unter dem Hintern den Song nachjauchzend auf die Tanzfläche zu schleppen. Und wehe, es würde jemand im Wege stehen …

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