Dienstag, 11. Oktober 2011

Ein leises Scharren

Es begann mit einem leisen Scharren, dann kam der Lärm von splitterndem Holz und ein Schrei gefolgt von einem nahezu wütenden Quieken, einem lang gezogenen und gepressten Laut, wie ihn ein Schwein von sich gibt, wenn ihm das Schlachtermesser die Kehle durchbohrt. Doch statt wie Hundegebell sogleich in der Dunkelheit zu vergehen, schwoll es an und vibrierte in der Luft. Es dauerte nicht allzu lange, dann war es wieder still.
Sie glaubte schon sich verhört zu haben, was bei ihrer Anspannung und ihrem Schlafmangel kein Wunder war, und drehte sich, die Oberschenkel eng an die Brust gepresst, auf die andere Seite, um weiterzuschlafen, als es erneut einsetzte. Es schwoll an und ebbte ab, schwoll an und ebbte ab, und schien jedes Mal kein Ende zu finden, auch nicht, als das Schwein längst ausgeblutet und gevierteilt an irgendeinem Balken in der Nachbarschaft hätte hängen müssen. Wer aber schlachtete mitten in der Nacht ein Schwein? Sie riss die Augen auf und richtete sich im Bett empor, um den Laut und seinen Sinn zu erfassen. Es kostetet sie etwas Mühe, ihren Körper vom Strohlager zu trennen. Den Kopf hätte sie, ohne ihn vom Kissen zu reißen, niemals in die Höhe gebracht. So müde war sie. Als sie ganz aufrecht saß, den Rücken an die Wand gepresst, damit sie besser hören konnte, war es wieder still. Als ob es darauf gewartet hätte, dass sie sich aus ihrem zusammengerollten Zustand löste. Nur in der Ferne hörte sie einen Hund, der den vollen Mond anbellte und das vertraute Knirschen und Nagen der Mäuse. Es war auch nichts Ungewöhnliches zu sehen, außer dem kleinen Kater, der sie mit gen Himmel gekrümmten Rücken vom Stuhl aus anstarrte, reglos, als wäre er aus Wachs. Sie streckte die Arme nach ihm aus.
„Komm, Kleiner! Es ist nichts,“ flüsterte sie, wie um es sich selbst glauben zu machen. „Es ist nichts.“
Der kleine Kater rührte sich nicht.
„Komm“, wiederholte sie und beugte sich etwas zu ihm. Da sah sie, wie eine kleine Flamme in seinen Augen tanzte. 

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